||||Osnabrücker Gärten im Spiegel der Presse der letzten 170 Jahre (hier)|

Urban Gardening in Osnabrück

Urban Gardening bezeichnet ganz allgemein das Gärtnern im städtischen Raum und erlebt in Deutschland seit der Jahrtausendwende einen rasanten Aufschwung. Seit jeher gibt es weltweit die Tendenz in Kriegs- und Krisenzeiten unterstützt von der Regierung Gärten innerhalb der Städte anzulegen, um so die ausreichende Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Hiervon unterscheidet sich die aktuelle Bewegung, die ihren Ursprung in den USA der 1970er Jahre hat, allerdings deutlich. So wurden die ersten Gärten in New York nicht nur ohne Regierungsunterstützung sondern oftmals ohne Genehmigung angelegt. Die Gruppe Green Guerilla z.B. hat mit Pflanzensamen gefüllte Wasserbomben auf brachliegende Flächen geworfen und im Anschluss beantragt diese als „community garden“, also als von der Allgemeinheit zu benutzenden Gemeinschaftsgarten, freizugeben.
Diese Verwendung ungenutzter Flächen und damit die Verschönerung der Nachbarschaft ist zusammen mit der Frage nach Ernährungssicherheit und der Versorgung Bedürftiger, die hauptsächliche Motivation hinter der Bewegung in den USA. In Deutschland hält diese Welle der Gründung von Gemeinschaftsgärten seit der Jahrtausendwende Einzug, allerdings häufig mit anderen Zielen. Hier stehen meist soziale oder ökologische Aspekte, wie der Erhalt der Artenvielfalt, gesunde Ernährung innerhalb der Stadt oder die Schaffung eines Treffpunktes für Menschen verschiedener Kulturen, im Vordergrund. Das Produzieren eigener Lebensmittel und damit die Abkehr von gewissen Wirtschaftskreisläufen gewinnen erst in letzter Zeit an Bedeutung.
Auch in Osnabrück, wo die Schrebergärten seit Jahren Probleme haben Nachmieter für freigewordene Flächen zu finden, entstehen immer mehr Gemeinschaftsgärten.

Friedensgarten

Der 2012 gegründete Friedensgarten ist als interkultureller Garten angelegt und bietet daher viele Begegnungsmöglichkeiten für Menschen verschiedener Herkunft, sowohl über das gemeinsame Gärtnern, als auch über Projekte wie Living interculture, in welchem zusammen mit Geflüchteten aus Somalia eine Hütte am Treffpunkt des Gartens gebaut wurde. Über diese fruchtbare Zusammenarbeit ist mit Hilfe des Vereins Exil eine längerfristige Beteiligung vertriebener Menschen an den Gemeinschaftsbeeten des Gartens entstanden. Auch die Initiative No Lager hat durch diesen Kontakt inzwischen ein eigenes Beet, welches von Geflüchteten betrieben wird. Neben der gemeinsamen Arbeit im Garten spielt aber auch die soziale Integration eine entscheidende Rolle, wie das zahlreiche Erscheinen beim gemeinsamen Kochabend im Garten zeigt.
Neben der Zusammenarbeit mit den Flüchtlingsorganisationen existiert auch eine Kooperation mit der Herman-Nohl-Schule. Hier können die Schülerinnen und Schüler in Form von Holzarbeiten selbst Hand anlegen. Für die Zukunft sind gemeinsame Bauprojekte für den Treffpunkt des Gartens geplant. Außerdem werden Kinder über Aktionen wie Studenten kochen mit Schülern oder Feuerküche für Kinder in den Garten geholt, wo ihnen der biologische Anbau eigener Lebensmittel sowie deren Verarbeitung näher gebracht werden. (NOZ 30.06.2014)

Integration groß geschrieben: Im Friedensgarten wird gemeinsam gebaut und gegärtnert. Friedensgarten

TomatOS

Der Gemeinschaftsgarten des gemeinnützigen Vereins TomatOS liegt auf dem Firmengelände von Blumen Kersten und nutzt hier, neben einer Freilandfläche, ein nicht mehr gebrauchtes Gewächshaus. Hobbygärtner teilen sich Gewächshaustische oder arbeiten an der Gemeinschaftsfläche mit. Hier ist Platz für den gewohnten Anbau von Lebensmitteln, aber auch für Experimente mit neuen Pflanzengemeinschaften oder das Pflanzen von alten und seltenen Arten, die so nicht in Vergessenheit geraten sollen.
TomatOS sieht sich allerdings nicht ausschließlich als Gartenprojekt, sondern möchte auch Raum für kulturelle Veranstaltungen bieten. So wurde beispielsweise unter dem Motto „Kültür im Gewächshaus“ ein deutsch-türkischer Nachmittag organisiert, an dem zu einem landestypischen Imbiss türkische Literatur und Musik vorgetragen wurde. (NOZ 26.05.2014)

Drinnen wie draußen: Der Garten von TomatOS bietet verschiedene Möglichkeiten sich und seine Ideen einzubringen. TomatOS

Querbeet

Auf dem Gelände des Güterbahnhofs wird ebenfalls gegärtnert. Da der Boden belastet ist, müssen Plastikbehälter als Beete herhalten. Die Freude über den eigenen Garten schmälert dies jedoch nicht. Bei dem gezwungenen Umzug des Gartens an den Ringlokschuppen, welcher zu Teilen Ende letzten Jahres und in diesem Frühjahr vollzogen wurde, kam die so gewonnene Mobilität den Hobbygärtnern sogar zu Gute.
Ziel der Beteiligten ist dabei in erster Linie nicht die vollständige Selbstversorgung mit Lebensmitteln, es geht viel mehr darum in diesem Bereich praktische Erfahrungen zu sammeln und viele Dinge auszuprobieren. Und natürlich darum sich ein Umfeld zu schaffen in dem man sich gerne aufhält und Zeit mit Gleichgesinnten verbringt. Der soziale Aspekt des gemeinsamen Gärtnerns spielt auch im Querbeet eine zentrale Rolle. Nicht zu letzt soll hiermit auch ein Zeichen gesetzt werden: Brachflächen müssen nicht dauerhaft leer stehen, sondern können auf vielfältige Weisen genutzt werden.

Garten statt Brachland: Ein Teil der Freifläche am Güterbahnhof wird sinnvoll genutzt. Querbeet

Gemeinschaftsgarten Universität Osnabrück

Auch an der Universität entsteht seit kurzem ein Gemeinschaftsgarten. Die ersten Beete sind bereits hinter der Sommerresidenz (Gebäude 30 am Campus Westerberg), einer alten Villa, welche dem ASTA und verschiedenen Projekten zur Verfügung steht, angelegt. Dort hat auch die Initiative Degrowth ihren Sitz, welche sich durch das Anlegen des Gartens auch praktisch mit Nachhaltigkeit, einem ihrer zentralen Themen, auseinandersetzt. Allerdings soll der Garten nicht nur von den Mitgliedern sondern allen Studenten genutzt und mitgestaltet werden können. Das Projekt wird durch gemeinsame Aktionen, wie dem Bau eines Komposters, weiter vorangetrieben.

Studentische Eigeninitiative: Der Garten entsteht selbstorganisiert von Studenten für Studenten. Facebook Initiative Degrowth

BUND-Naturgarten

Ein Osnabrücker Gemeinschaftsgarten, der schon länger besteht als die vielen neu gegründeten Gärten der letzten Jahre, ist der Naturgarten. 1988 wurde er dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) überlassen und wird seitdem gemeinschaftlich betrieben. Teile des Gartens werden dabei bewusst ohne Pflege wild wachsen gelassen, Teile werden per Sense gemäht aber sonst als Wiesen- und Wildkrautflächen ohne weiteres Zutun bewachsen lassen, während in anderen Teilen Beete angelegt werden. Aber auch diese werden so naturnah wie möglich, also ohne den Einsatz von Pestiziden oder umweltschädlichen Maschinen bewirtschaftet.
Eine enge Zusammenarbeit besteht mit dem Gymnasium Carolinum. Im Rahmen einer AG kümmern sich die Schüler unter Anleitung um mehrere Bienenstöcke und haben auch ein eigenes Beet, welches von ihnen angelegt, gepflegt und geerntet wird. Die so selbst angebauten Lebensmittel finden in der Schulküche Verwendung. Auch weitere Projekte haben in dem Garten Platz, so wurde beispielweise im Rahmen des Tages des offenen Gartentores ein Barfusspfad für Kinder angelegt auf dem verschiedene Bodenmaterialien mit den Füssen erfühlt werden können.

Von Kulturpflanzen bis Wildwuchs: Im Naturgarten finden sich unterschiedlichste Pflanzenformen. BUND-Naturgarten

Weitere Ideen

Auch abseits dieser größeren Projekte findet man in Osnabrück inzwischen Urban Gardening Ansätze die das gewohnte Stadtbild aufbrechen und die Ideen von gemeinschaftlich betriebenen Gärten und selbst angebauten Lebensmitteln in der Öffentlichkeit verbreiten.

Vor der Mensa der Universität in der Stadt wird ein kleiner Bereich begärtnert. Von allen für alle!

Auf dem Hasefriedhof werden die Anwohner auf einem kleinen Beet eingeladen mitzuwirken.

Eine Milpa, ein traditionelles Anbausystem der Maya, wächst, dank einer Kooperation des Museums am Schölerberg mit TomatOS und dem Friedensgarten, auf dem Museumsvorplatz.



Hier klicken für Liste mit Zeitungsartikeln zu Gartenprojekten in Osnabrück

Seite zuletzt geändert am 01.11.2023 14:22 Uhr