aus dem Buch: Beckerr /Terhalle (Hg) Mit Bildung zur nachhaltigen Entwicklung der Stadt Osnabrück. Rückblick, Beispiele, Akteure und Perspektiven, Osnabrück 2019 (weitere Infos)
Das Baikalinformationszentrum „GRAN“ in der Republik Burjatien (Russische Föderation) ist eine regionale Nichtregierungsorganisation (NGO), die im Jahre 1999 gegründet wurde. Die NGO wurde auf Initiative einer Gruppe hochqualifizierter Fachleute gegründet, die sich an der Umsetzung des TASIS Projektes „Förderung des Umweltwissens und allgemeiner Aufgeklärtheit der Bevölkerung der Baikalregion“ beteiligt hatten, und die sich entschieden hatten, innovative Ideen im Bereich der Umweltbildung selbstständig umzusetzen. Der internationale Leiter des Projektes war ein Mitarbeiter der GTZ (heute GTI), Herr Burghard Rauschelbach, der auch nach dem Ende des Projektes viel für die weitere Entwicklung der Umweltbildungsinitiativen geleistet hat. Die lokale Koordinatorin des Projektes war damals die Pädagogikprofessorin Dr. habil. Nina Dagbaeva, die noch heute die Leiterin von „GRAN“ ist.
Sechs Personen bildeten 1999 das Gründungsteam: Nina Dagbaeva – damals Dozentin der Burjatischen Staatlichen Universität, heute Leiterin des Pädagogischen Instituts der Universität, Dr. phil. Elvira Narchinova – Dozentin der Burjatischen Staatsuniversität, Dr. der Wirtschaftswissenschaften Tatiana Alaeva – damals wissenschaftliche Mitarbeiterin des Baikalsky Instituts für nachhaltige Umweltnutzung der Sibirischen Abteilung der Russischen Wissenschaftsakademie, Dugar Sanzhitzybikov – damals Mitarbeiter des Baikalsky Instituts für nachhaltige Umweltnutzung der Sibirischen Abteilung der Russischen Wissenschaftsakademie, Sara Khairullina – Juristin, heute stellvertretende Leiterin der Verwaltung des föderalen Registrierungsdienstes der Republik Burjatien, Erdeni Tzydenov – damals Mitarbeiter des Staatskomitees für Umwelt und Naturnutzung der Republik Burjatien und Anzhelika Kuschnareva – stellvertretende Direktorin des musikalisch-humanitären Lyzeums von Ulan-Ude.
Die wesentliche Hilfe bei der Gründung der NGO „GRAN“ wurde vom damaligen Direktor des Baikalsky Institut für Naturnutzung, dem korrespondierenden Mitglied der Russischen Wissenschaftsakademie Arnold Tulokhonov geleistet. Zwar hat sich das Team von GRAN während der letzten 20 Jahre verändert, der Kern jedoch ist geblieben.
Die Fachkräfte von „GRAN“, die in verschiedensten Bereichen tätig sind – Pädagogen, Soziologen, Biologen, Dolmetscher, IT-Spezialisten – und die sich zugleich mit Wissenschaft und Praxis beschäftigen, glauben, dass die Verbesserung der Umwelt und der Ökologie des Menschen nur in dem Fall möglich wird, wenn man über Umweltbildung für die ganze Bevölkerung die Veränderung des Umweltbewusstseins der Menschen zum Thema macht. Darin sehen wir das Hauptziel unserer Organisation: Umweltaufklärung und Umweltbildung der Bevölkerung. Fundamentale Grundlage hierfür ist die Ermöglichung des Zugangs für eine breite Öffentlichkeit zu Informationen über die Baikalregion und den Baikalsee. Deswegen ist es unser Ziel, mit der Sammlung, Bearbeitung und Verbreitung von Umweltinformationen sowie Einbeziehung der Bevölkerung in die Lösung lokaler Umweltprobleme, dazu mit der Schaffung eines breiten Netzes von innovativen Schulen und der Umsetzung von Bildungsprojekten ein qualitativ neues Bildungsniveau zu erwerben.
Die Umweltbildung muss mit dem lokalen sozialen, ökologischen und kulturellen Kontext sowie mit Wachstum und Bildung der jungen Generation eng verbunden sein. In diesem Zusammenhang korrespondiert die moderne Umweltbildung mit Strategien einer nachhaltigen Entwicklung ausgezeichnet. Eine unserer Aufgaben ist deshalb die Förderung einer Lokalen Agenda 21.
Die moderne Umweltbildung setzt die Förderung sozialer Partnerschaften im Bereich von Umwelt und Bildung voraus. „GRAN“ sieht seine Mission in der Unterstützung der Zusammenarbeit von NGOs, Massenmedien, Kultur- und Weiterbildungseinrichtungen und Gemeinden bei Schutz und Verbesserung der Umwelt sowie der Aufklärung der Bevölkerung. Wir sind fest davon überzeugt, dass die Lösung der Umweltbildungsprobleme nur dann möglich ist, wenn enge Beziehungen zwischen internationalen staatlichen Einrichtungen und NGOs bestehen und wenn dies im Rahmen der Entwicklung einer interkulturellen Kommunikation erfolgt. Wir streben an, die weitere Integration von Russland in die internationale Zusammenarbeit zu fördern, russischen Bildungseinrichtungen dabei zu helfen, enge Beziehungen mit ausländischen Organisationen zu knüpfen, zusammen Umweltbildungsprojekte umzusetzen, neue Bekanntschaften und Freunde zu gewinnen.
All dies wird im Rahmen von Projekttätigkeiten möglich. Unser Hauptfokus liegt auf „Brainstorming“, der Erarbeitung moderner innovativer Umweltbildungsprojekte, die in der Tat unsere Welt etwas besser machen können. „Global denken – lokal handeln“ ist unser Motto.
Seit 1999 ist das Baikalinformationszentrum „GRAN“ Mitglied des internationalen Netzwerkes „Living Lakes“, das unter der Schirmherrschaft des Global Nature Fonds (GNF) arbeitet, sowie einer Reihe anderer internationaler Organisationen. Die Mitglieder von „GRAN“ haben an allen internationalen Konferenzen von „Living Lakes“ teilgenommen, wo sie ihre modernen Erfahrungen in den Bereichen von Umweltbildung und interkultureller Kommunikation in der Region und der Welt sowie eigene Naturschutzprojekte präsentiert haben. „GRAN“ initiierte und setzte eine Reihe von großen internationalen Umweltbildungsprojekten um. Die Mitglieder von „GRAN“ waren an verschiedensten Foren, Seminaren, Workshops in Deutschland, USA, Japan, Mexiko, Ungarn, China, Großbritannien, Italien u.a. beteiligt, wo sie immer wieder Burjatien als eine Region, die offen für Innovationen ist, dargestellt haben.
Unsere Organisation war die erste in der Republik, die die Erarbeitung und Umsetzung des Konzeptes moderner Umweltbildung im Rahmen des Projektes „Erlebnisorientierte Umweltbildung und Internet“ initiiert hat. Einerseits wurde eine Internet-Kommunikation zwischen Schüler(inne)n aus verschiedenen Ländern in Gang gesetzt und ein internationaler Wettbewerb zum Thema „Water for Live“ durchgeführt. Die ausgezeichneten Teilnehmer(innen) trafen sich dann 2004 am Baikalsee zu einer interkulturellen Baikal-Sommerökoschule.
Im Zusammenhang mit diesem Projekt begann 2002 beispielsweise die Zusammenarbeit mit Dr. Gerhard Becker von der Universität Osnabrück, die zu einer Kooperation mit dem Verein für Ökologie und Umweltbildung Osnabrück erweitert wurde (s. Kap. 4). Im Mittelpunkt ab 2007 stand der regelmäßige Jugend- und Fachkräfteaustausch mit Osnabrück (s. Kap. 12), der sich als interkulturelle Umweltbildung für eine nachhaltige Entwicklung etablierte. Später entwickelte sich daraus zusätzlich eine Kooperation zwischen den Universitäten in Ulan-Ude und Osnabrück.
Im Laufe vieler Jahre war die NGO „GRAN“ der Hauptakteur des städtischen Programms für Umweltaufklärung der lokalen Bevölkerung und Umweltbildung der Schüler(innen). Sechs Jahre lang hat „GRAN“ als Operator des Projektes „Every drop matters“ von UNDP und vom Coca-Cola-Konzern mehr als vierzig Projekte in der Baikalregion umgesetzt, begleitet von den lokalen NGOs. Zu den besten Projekten zählen unter anderem „Dem Baikalsee saubere Ufer und sauberes Wasser“ (NGO „Turka“, Ökomarkt „Dulan“, NGO „BETA“), „Reise in die Welt des Wassers“ (Nationales Museum der Republik Burjatien), „Brunnen der Baikalsky Ortschaften – zwecks Bewahrung und Unterstützung der Traditionen von Wassernutzung“ (NGO „Bereg“), „Der grüne Streif“ (NGO „Kinder des Baikalsees“) u. a.
Eines der letzten und wohl am meisten bekannten Projekte von „GRAN“ in der Region und im Ausland ist die „Baikal Box“. Dabei handelt es sich um innovative didaktische Bildungsmaterialien, deren Autoren mit einer staatlicher Prämie der Republik Burjatien ausgezeichnet wurden. Da diese Bildungsmaterialien bei ihrem Einsatz in das Schulprogramm sehr gefragt sind, wurden sie mit den vorliegenden Erfahrungen auch ins Ausland weitergegeben. Sie wurden in die englische Sprache übersetzt (Toolkit). Die Autoren haben eine Reihe von Seminaren für mongolische Lehrer veranstaltet. Das Interesse im Ausland für die Baikal Box beschränkte sich jedoch nicht nur auf die Mongolei, sondern es gibt immer mehr Interessenten auch aus Deutschland, Korea, Türkei u.a.
Ein weiteres aktuelles Projekt von „GRAN“ wurde von der Russischen Präsidentenstiftung gefördert. Es heißt „Wir sprechen ohne „‚Akzent’“. Das Thema des Projektes ist die Förderung und Verstärkung des Verständnisses der ethnischen und religiösen Minderheiten in der Republik Burjatien. Das Projekt läuft noch, man kann aber jetzt schon sagen, dass viele Menschen in der Republik für das Thema der Beziehungen zwischen den ethnischer und religiösen Minderheiten sensibilisiert wurden.