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Die Anfänge der Stadt Osnabrück liegen ein wenig im Dunkeln. Sicher ist, daß das Gebiet seit Jahrtausenden besiedelt war. Bevorzugte Siedlungsstellen lagen an Flüssen (wegen der Wasserversorgung) und Fernhandelsstraßen. Diese Fernhandelsstraßen mußten sich der natürlichen Landschaft anpassen und waren z.B. auf Flußfurten angewiesen. Und hier an der Hase trafen nicht nur zwei dieser Fernhandelswege (in Nord-Süd und Ost-West-Richtung) zusammen, bis hier war die Hase beschiffbar, und hier konnte man sie mittels einer Furt auch sicher überqueren. Ein Jahrhunderte alter Knüppeldamm führte nicht nur direkt zu dieser Furt, sondern wahrscheinlich auch durch den Fluß hindurch. So ist es nicht erstaunlich, daß Karl d. Gr. gerade hier seine Missionszelle errichtete.
Die anfänglichen Funktionen der Hase für die Menschen waren also: Transportmittel und Lebensmittellieferant (Wasser, Fische). Es wird aber auch deutlich, daß der Fluß das Leben der Menschen stark beeinflußte: Er konnte nämlich unüberbrückbar sein und bei Fernreisen ärgerliche Hindernisse darstellen. Nun, hier bei dieser alten germanischen Siedlung war er seicht und konnte gut überquert werden.
Die Urzelle der jetzigen Stadt, die Domburg, wurde im 8. Jh. von Karl d. Gr. gegründet, und zwar auf einem Sandrücken inmitten der Haseniederung. Das Bistum Osnabrück wird im Jahre 803 erstmals schriftlich erwähnt. Wenn man glaubt, daß Flußbegradigungen, -umleitungen oder „ verdeckelungen“ neuzeitliche Phänomene sind, dann irrt man sich! Bereits im 11. und 12. Jahrhundert begannen die Bürger, die durch das Stadtgebiet verlaufenden Flüsse und Bäche umzuleiten, z. T. auch zu kanalisieren oder zu „verdeckeln“, um die feuchten Auen zu entwässern, und weil sie der räumlichen Entwicklung der Stadt im Wege waren. Mit der Verlegung der Flüsse an den Stadtrand konnte man sie außerdem in das entstehende Befestigungswerk integrieren.
Der Verlauf der ursprünglichen Hase kann heute annähernd bestimmt werden, wenn es auch vor 1.000 Jahren noch kein genaues Kartenmaterial darüber gab.
Auf der Rekonstruktion „Osnabrück um 1100, Bischofsburg mit Markt“ sieht man, daß die Hase vor und hinter dem Siedelgebiet einen mäandrierten Verlauf mit zahlreichen seitlichen Ausläufern und Nebenarmen hatte und sehr „urwüchsig“ floß. Im Bereich der Siedlung allerdings sieht die Hase bereits begradigt aus.
Abb. 2: Osnabrück um 1100. Die Hase floß damals noch sehr urwüchsig, im Stadtgebiet war sie jedoch schon begradigt worden. |
Es wird vermutet, daß an der Hase, unweit der heutigen Großen Domsfreiheit, ein Ufermarkt abgehalten wurde. Die Hase war bis hier beschiffbar, das Ufer war flach, und die Fernhandelsstraßen lagen in unmittelbarer Nähe. Unter solchen günstigen Umständen haben sich damals andernorts Ufermärkte entwickelt, warum also nicht auch hier? Der auf der Karte ersichtliche gerade Flußverlauf im Siedelgebiet - im Gegensatz zur „urwüchsigen“ Hase - spricht ebenfalls dafür.
Osnabrück erhielt im Jahre 1171 Stadtrecht und durfte die Stadt mit einer Befestigungsanlage umgeben. Vor dieser ersten Stadtmauer war ein Graben angelegt, der mit dem Wasser der Hase, des Poggen-, des Schwanen- und des Wellbaches gespeist wurde. Als im 14. Jahrhundert Alt- und Neustadt vereinigt und von einem gemeinsamen gewaltigen Befestigungswerk umgeben wurde, war es wiederum die Hase, die um die gesamte Stadtmauer herum als Bestandteil dieses Befestigungswerkes geleitet wurde.
Wie nutzten die Menschen zu dieser Zeit die Hase? Sie diente nach wie vor als Lebensmittel- und Trinkwasserlieferant und als Transportmittel.
Abb. 3: Osnabrück um 1500. Alt- und Neustadt sind mit einer gemeinsamen Stadtmauer umgeben und die Hase ist Bestandteil des Befestigungswerks. |
Gleichzeitig erhielt der Fluß mit der Stadtwerdung aber auch neue Funktionen: Das Wasser der Hase diente als Produktionsmittel für die in der Stadt ansässigen Handwerker, vor allem für die Gerber, und an ihrem Ufer entstanden Wäscheplätze. Die Hase trieb die ersten Kornmühlen, die Bischofs- und Pernickelmühle, an und wurde so zum Energieträger. Aber die Flußläufe mußten nun auch die ungeklärten städtischen Abwässer aufnehmen. Das waren nicht nur die Fäkalien der Stadtbewohner, sondern auch das Oberflächenwasser der mit Mist, Dung und Kot verschmutzten Straßen und die Abwässer der handwerklichen Produktion. Durch zunächst offene Kanäle und Gräben wurde diese üble Brühe der Hase und den anderen Flüssen zugeleitet. Wie sich diese Einleitungen auf das ökologische Gleichgewicht des Flusses auswirkten und wie sich dieser Lebensraum für Pflanzen und Tiere veränderte, ist nicht bekannt. Jedenfalls machte sich während all der Jahrhunderte wohl kaum jemand darüber Gedan¬ken, daß die Schmutz- und Abwässer - einschließlich der Fäkalien - die eine Stadt nun einmal produziert, ungeklärt in die Hase geleitet wurden.
Aber in der Stadt wohnten nur einige tausend Menschen, und noch schien die natürliche Reinigungskraft der Hase auszureichen. Die eingeleiteten Substanzen wurden zumindest so weit abgebaut, daß der Zustand der Hase nicht als problematisch wahrgenommen wurde. Das Leben in der Stadt - und damit die Lebensqualität - schien noch nicht vom Zustand der Hase negativ beeinflußt worden zu sein.
Abb. 4: Osnabrück im 17. Jhd. Die Hase- zum Teil seenartig verbreitert- umfließt das Stadtgebiet. |
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