Leitbild Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)

des AK Bildung der Lokalen Agenda 21 Osnabrück

Nachhaltige Entwicklung und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) sind die Leitbilder der Arbeit des AK Umweltbildung (seit 2016 AK Bildung), der mit seiner Arbeit insbesondere während der UN-Dekade BNE (2005-2014) zu dieser Dekade beitragen hat und dies auch im Kontext des anschließenden Weltaktionsprogramm (WAP) BNE und der Sustainable Development Goals (SDGs 2030, insbesondere Goal 4) weiter praktizieren wird. Dies entspricht den allgemeinen Zielsetzungen des Arbeitskreises seit seiner Gründung 2002/2003 und deren Fortentwicklung.

Ein Schwerpunkt der Arbeit ist die lokale Vernetzung der BNE-Akteure in Osnabrück im Sinne des Aufbaus einer Bildungslandschaft für nachhaltige Entwicklung. Ein erster Erfolg war, dass Osnabrück 2013 als Stadt der UN-Dekade BNE ausgezeichnete wurde. Der Arbeitskreis will bei der weiteren Entwicklung der BNE-Landschaft weiter maßgeblich mitwirken (mehr zum Arbeitskreis).

Was wird unter BNE im AK Bildung/AK Umweltbildung verstanden?

Da die meisten Mitglieder in verschiedenen Organisationen oder Institutionen arbeiten, gibt es keine einheitlichen Vorstellung von BNE als Leitbild, vor allem gibt eine Vielfalt von praktischen Umsetzungen.

Einen gewissen Rahmen liefern die in wissenschaftlichen Publikationen des Sprechers des AK Umweltbildung Gerhard Becker entwickelte und formulierte Position, die sich auch in dem Gründungspapier von 2002/2003 niedergeschlagen haben. Die folgenden Vorstellungen von BNE sind auch durch die Praxiserfahrungen des Arbeitskreises sowie viele interne Diskussionen mitgeprägt und haben sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt:


Vorbemerkung 1: Nachhaltige Entwicklung und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) sind sehr abstrakte Begriffe, die deshalb oft nicht sofort verstanden und manchmal deshalb sogar abgelehnt werden. Dies ist vorschnell, denn die Begriffe müssen so abstrakt sein, weil sie sich auf fast ALLE Lebenssituationen und gesellschaftlich, ja globale Themen und Probleme beziehen bzw. darauf bezogen werden müssen. Dann geht es immer konkret um die Frage der Auswirkungen unseres Handelns (z.B. Umgang mit Ressourcen oder mit der Natur und Umwelt) und ebenso sehr konkret um Alternativen des Handelns auf allen Ebenen und in allen Bereichen und des zugrundeliegenden Denkens.

Vorbemerkung 2: Der allgemeine Diskurs und die Praxis von BNE ist weder in Deutschland, geschweige denn international begrifflich und konzeptionell einheitlich. Er kann wegen der notwendigen Partizipation auch nicht einheitlich sein, die Begriffe sind prozesshaft. Dies zeigt die umfangreiche Literatur (s. unsere Literaturdatenbank BNELIT). Diese erschwert freilich auch das Verständnis von BNE.

Vorbemerkung 3: Dieses hier skizzierte Verständnis wurde ab ca. 1997 entwickelt, hat sich ausgearbeitet in meiner Habilitationsschrift 1999 Urbane Umweltbildung im Kontext nachhaltiger Entwicklung niedergeschlagen, die unter diesem Titel 2001 als Buch veröffentlicht wurde. Seither war dieses Verständnis von BNE Grundlage aller Publikationen, hat sich kaum grundsätzlich verändert (s. auch Buch Bildung für nachhaltige Entwicklung (2020)

 

Situation in Osnabrück: Im Laufe der wissenschaftlichen Tätigkeit von Gerhard Becker wurde ein sich ständig weiterentwickelndes Rahmenkonzept entwickelt, das sich in zahlreichen Publikationen und den Praxisprojekten des Vereins für Ökologie und Umweltbildung Osnabrück ' sowie mit Einschränkungen in dem offenen Arbeitskreis Umweltbildung/Bildung der Lokalen Agenda 21 Osnabrück'' niedergeschlagen hat. Umgekehrt hat diese Praxis auch das wissenschaftliche Verständnis geprägt, das hier in einigen allgemeinen Grundzügen /Merkmalen skizziert werden soll:

  • Die wichtigste normative ethische Grundlage nachhaltiger Entwicklung ist die Generationengerechtigkeit /intergenerationelle Gerechtigkeit, die in der frühen Formulierung des Brundtland-Berichtes von 1987 eine Entwicklung der Menschheit meint, "die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass zukünftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können. Freilich gibt es dazu eine differenzierte und kontroverse Debatte.
  • Ebenso wichtig - wenn auch gelegentlich im Widerspruch zur intergenerationelen Gerechtigkeit ist die intragenerationelle Gerechtigkeit als ethisches Prinzip und Ziel nachhaltiger Entwicklung, also die zwischen den gleichzeitig lebenden Generationen auf regionalen, nationalen, internationalen und letztlich auch globaler Ebene (Globalität). Diese Gerechtigkeit ist Teil der sozialen Dimension nachhaltiger Entwicklung (s. nächster Punkt von Merkmalen)
  • Üblicherweise wird ein dreidimensionales Modell nachhaltiger Entwicklung zugrunde gelegt, das durch die gleichzeitige und integrierte Berücksichtigung ('Retinität) ökologischer, sozialer und ökonomischer Aspekte (sowohl bei Analysen also auch bei Zukunftsplanungen) gekennzeichnet wird (Dreieck nachhaltiger Entwicklung). Auf dieser Ebene der Dimensionen geht unser Verständnis von nachhaltiger Entwicklung bzw. von 'Bildung für nachhaltige Entwicklung' über dieses dreidimensionale Modell ('Basismodell') hinaus und legt etwas differenzierter Sechs Dimensionen einer Nachhaltigen Entwicklung zugrunde, die grafisch durch einen sechsdimensionalen Stern der Nachhaltigen Entwicklung''' charakteristiert werden kann:
 
 

In seiner gleichmäßigen Form repräsentiert er ein idealtypisches Modell nachhaltiger Entwicklung, das Orientierungen für die Praxis und Vergleichsmöglichkeiten von Ansätzen mit unterschiedlicher Gwichtung der Dimensionen ermöglicht. Die Pfeile repräsentieren die gegenseitigen Zusammenhänge der Dimensionen (Retinität) - wieder in idealtypischer Weise. Auch sie gilt es zu berücksichtigen.

  • Die eigenständige Berücksichtigung von 'Kultur' in seinen verschiedenen Bedeutungen ist zunehmend Merkmal der neueren Debatte über nachhaltige Entwicklung (s. die auch "Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen" der UNESCO von 2005), die sich ausdrücklich auf nachhaltige Entwicklung bezieht!
  • Demokratische Partizipation wird dabei nicht nur als ein notwendiges Instrument nachhaltiger Entwicklung verstanden, wie sie schon in der Agenda 21 von 1992 durchgehend als konstitutives verstanden wird, sondern auch als eigenständiges Ziel und universelles Menschenrecht.
  • Entsprechendes gilt auch für Bildung. Sie ist ein konstitutiver Teil von nachhaltiger Entwicklung: Bildung für nachhaltige Entwicklung. Sie ist auch notwendige Voraussetzung für die Ausübung von Partizipation. Deshalb spricht man in Deutschland von Gestaltungskompetenz (s. uunten) als zentrales Ziel von BNE. Darüber hinaus ist Bildung universelles Menschenrecht und immer auch individuelle Persönlichkeitsbildung, die nicht vollständig funktional für externe insbesondere gesellschaftliche Zwecke sein darf. Deshalb ist es sinnvoll und angemessen, Bildung (für nachhaltige Entwicklung) als eigenständige Dimension nachhaltiger Entwicklung zu verstehen.

Nach diesem sechsdimensionalen Verständnis von nachhaltiger Entwicklung bezieht sich BNE logischerweise auf die anderen 5 Dimensionen nachhaltiger Entwicklung und ihre Zusammenhänge und ist Kern jeder zukunftsorientierten Allgemeinbildung!

  • Auf der Ebene der anzustrebenden Bildungskompetenzen liefern die Gestaltungskompetenz und die 10-12 zugeordneten Teilkompetenzen, die im Rahmen des BLK-Programmes "21" formuliert und im BLK-Anschlussprogramm Transfer-21 bis 2008 weiterentwickelt wurden, eine gute Grundlage.
  • Berücksichtigt wird jedoch auch die Fortentwicklung der Kompetenzdiskussion und vorliegende Alternativen (z.B. im Kontext des Globalen Lernen als Teil von BNE)
    • Insbesondere werden anwendungsbereichsspezifische Kompetenzen berücksichtigt (man nennt dies domänenspezifiische Kompetenzen), vor allem solche, die sich auf das Verhältnis zu Natur und ökologischen Umwelt beziehen: "Umweltkompetenzen", insbesondere auch wahrnehmungsbezogene Kompetenzen, die wichtige Voraussetzungen für weitergehende BNE-Kompetenzen sind). Solche umwelt- und naturorientierte Kompetenzen werden bei den vorliegenden allgemeinen Teilkompetenzen der Gestaltungskomptenz zu wenig berücksichtigt.
    • Ähnliches gilt für interkulturelle Kompetenzen, die im Kontext nachhaltiger Entwicklung /Bildung für nachhaltige Entwicklung noch eine zu geringe Rolle spielen.
    • BNE kann auch im Bereichen wie Gesundheit(sbildung), Kultur(elle Bildung) oder Frieden(sbildung/pädagogik) eine große Rolle spielen. Dafür gibt es gerade in Osnabrück gute Ansätze
    • Berufliche Bildung
    • Wichtig ist auch die ihre Erweiterung von BNE auf neue, bisher 'bildungsferne' Bereiche, z.B. als informelle Bildung, die sich in unmittelbaren Lebens- und Erfahrungszusammenhängen außerhalb des formalen und nonformalen Bildungswesens vollzieht - oft nicht zielgerichtet oder bewusst.

Eine kurze Umschreibung von BNE, die mit unserem Verständnis von BNE zumindest kompatibel ist, findet sich auf dem BNE-Portal:

"Bildung für nachhaltige Entwicklung vermittelt Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen nachhaltiges Denken und Handeln. Sie versetzt Menschen in die Lage, Entscheidungen für die Zukunft zu treffen und dabei abzuschätzen, wie sich das eigene Handeln auf künftige Generationen oder das Leben in anderen Weltregionen auswirkt.

Der einzelne erfährt durch Bildung für nachhaltige Entwicklung: Mein Handeln hat Konsequenzen. Nicht nur für mich und mein Umfeld, sondern auch für andere. Ich kann etwas tun, um die Welt ein Stück zu verbessern. Ein solches Denken ist dringend notwendig, um Veränderungen anzustoßen und drängende globale Probleme wie den Raubbau an der Natur oder die ungleiche Verteilung von Reichtum anzugehen. Regierungen, Organisationen und Unternehmen müssen Nachhaltigkeit lernen und umsetzen.

Bildung für nachhaltige Entwicklung vermittelt Wissen über:

  • globale Zusammenhänge und Herausforderungen wie den Klimawandel oder globale Gerechtigkeit;
  • die komplexen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Ursachen dieser Probleme.

Bildung für nachhaltige Entwicklung vermittelt Kompetenzen:

Mit Gestaltungskompetenz wird die Fähigkeit bezeichnet, Wissen über nachhaltige Entwicklung anwenden und Probleme nicht nachhaltiger Entwicklung erkennen zu können. Sie umfasst zum Beispiel folgende Fähigkeiten:

  • vorausschauendes Denken;
  • interdisziplinäres Wissen;
  • autonomes Handeln;
  • Partizipation an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen." (Ende des Zitats auf dem BNE-Portal)

Praktisch konkretisiert sich der Anspruch des Leitbildes BNE im Rahmen etlicher Projekte der lokalen und internationalen Praxis des AK (Umwelt)Bildung (s. Themenwebseiten im Menü der Hauptwebsite von http://www.umweltbildung-os.de). Dabei werden auch die Themenfelder, Ziele und Methoden des globalen und interkulturellen Lernens berücksichtigt und in BNE integriert.

Grundsätzlich bezieht sich dieser Anspruch nicht nur auf Bildungsinstitutionen und Bildungseinrichtungen, sondern auch auf informelle Bildungsprozesse in vielen Lebensbereichen und Situationen oder auch auf Öffentlichkeitsarbeit von Akteuren nachhaltiger Entwicklung in allen Institutionen, z.B. auch kommunaler Verwaltungen. Schließlich kann und sollte er sich sich auf andere Bereiche beziehen: Frieden, Kultur, Gesundheit, Finanzen,...

Der AK Umweltbildung wurde für seine Arbeit seit 2005 bereits fünf Mal für je 2 Jahre als vorbildhafte als offizielles Projekt der UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung ausgezeichnet.

Seite zuletzt geändert am 10.02.2012 10:24 Uhr