Globales Lernen (1)

Globales Lernen bezeichnet seit Ende der 80er Jahre ein neues, offenes, vorläufiges Konzept allgemeiner und politischer Bildung. Globales Lernen will eine erweiterte und übergreifende Bildungsperspektive angesichts von Problemen und Chancen der Globalisierung vermitteln. Globales Lernen problematisiert, was und wie wir zukünftig lernen sollen, um in der zusammenwachsenden Weltgesellschaft Orientierung gewinnen, Handlungskompetenz erwerben und Verantwortung wahrnehmen zu können. Globales Lernen nimmt zur Herausarbeitung gemeinsam zu lösender Aufgaben Impulse aus der Dritte-Welt- bzw. entwicklungspolitischen, Umwelt-, Frieden-, Menschenrechts- und interkulturellen Erziehung auf und stellt deren Zusammenhänge, Überschneidungen und gemeinsame Grundsätze unter die inhaltlichen Zielperspektiven Zukunftsfähigkeit und nachhaltige Entwicklung (Friedenspädagogik; Umweltpädagogik; sustainable development). Kritisch zu fragen ist, inwieweit die bisherig Praxis entwicklungspolitischer Bildung mit globalem Lernen nicht ledig15h einen neuen Namen bekommt. UNESCO und UNICEF arbeiten bereits seit Jahren mit Konzepten zum globalen Lernen unter dem Begriff "development education".

Pädagogische Ziele des globalen Lernens sind in Anlehnung an den KLAFKI'schen Bildungsbegriff emanzipatorisch verstandene Kompetenzen mündiger WeltbürgerInnen mit der besonderen Betonung einer Handlungsfähigkeit gegenüber globalen und generationenübergreifenden Umwelt- und Entwicklungsproblemen. Angestrebt wird die Erweiterung des eigenen Bildungshorizonts angesichts globaler Zusammenhänge, die Reflexion der eigenen Identität im Zusammenhang mit der Fähigkeit, die Welt aus der Sicht anderer zu betrachten, das Überdenken des eigenen Lebensstils im Hinblick auf die globalen sozialen und ökologischen Folgen. Didaktisch geht globales Lernen von der thematischen Behandlung von Schlüsselproblemen aus (vgl. Schlüsselprobleme bei KLAFKI, u.a. Friedensfrage, Sinn und Problematik des Nationalitätenprinzips/Kulturspezifik und Interkulturalität, ökologische Frage, Wachstum der Weltbevölkerung, gesellschaftlich produzierte Ungleichheit). Globales Lernen favorisiert erfahrungs- und prozeßorientierte, ganzheitliche, kreative, aktive, kooperative, partizipatorische, handlungsorientierte Lehr-/Lernmethoden mit ideologiekritischer Zielorientierung. Die didaktisch weiteste Entwicklung von globalem Lernen findet sich beim Schweizer Forum "Schule für Eine Welt" Das Forum sieht die Aufgabe globalen Lernens darin, die "Frage der eigenen Identität" zu bearbeiten und einen "Beitrag zur Bewältigung globaler Probleme" zu leisten. Der Globalitätsbegriff wird bezogen auf die Ganzheitlichkeit der Person und den weltweiten Horizont: "Unter globalem Lernen versteht das Forum die Vermittlung einer globalen Perspektive auf allen Stufen der Bildungsarbeit. Die Fähigkeit, Sachlagen und Probleme in einem weltweiten und ganzheitlichen Zusammenhang zu sehen, bezieht sich nicht auf einzelne Themenbereiche. Sie ist vielmehr eine Perspektive des Denkens, Urteilens, Fühlens und Handelns, eine Beschreibung wichtiger sozialer Fähigkeiten für die Zukunft" (FORUM SCHULE FÜR EINE WELT 1996, S, 19).

Literatur:

BÜHLER, Hans (1996): Perspektivenwechsel? Unterwegs zu "Globalem Lernen". Frankfurt a.M.

FORUM SCHULE FÜR EINE WELT. In: GLOBALES LERNEN, SERVICE FÜR LEHRERINNEN UND LEHRER, 2. Jg., 1996, Nr. 3.

KLAFKI, Wolfgang (1985/1996): Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Weinheim

Quelle: Susanne Lin aus: Brilling/Kleber: Handwörterbuch Umweltbildung. Hohengehren 1999, S. 130/131

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